Quaestio - Forschung & Beratung GmbH
Institut für Allgemeinmedizin der
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
E-Mail: info∂landarzt-sbh.de
- Informationen zum Projektabschluss -
Das Projekt lief insgesamt über zwei Jahre und wurde im August 2018 abgeschlossen. Zwischenzeitlich liegt der Abschlussbericht vor, der auch für andere Landkreise Impulse geben kann. Den Bericht und weiterführende Information finden Sie unter folgenden Links:
Wie sieht die Versorgung mit Hausärzten in den ländlichen Regionen in Zukunft aus?
Wird es Nachfolger für bestehende Praxen geben oder müssen lange Fahrtwege zum Arzt in Kauf genommen werden?
Diese Fragen stellten sich auch die Vertreter der Landkreise Schwarzwald-Baar, Rottweil und Tuttlingen und haben ein Modellprojekt zur hausärztlichen Versorgung der Bevölkerung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg initiiert. Das Projekt läuft bis März 2018 und wird vom Ministerium für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg finanziert.
Das Projekt hat zum Ziel die bestehenden Strukturen der hausärztlichen Versorgung zu analysieren und gemeinsam mit den Hausärzten, Vertretern von Politik, Krankenkassen, Kassenärztlicher Vereinigung und anderen Gesundheitseinrichtungen in Zukunftswerkstätten neue konzeptionelle Ideen zur Gesundheitsversorgung und Nachwuchsgewinnung zu entwickeln.
In einer vorbereitenden Analyse werden zunächst die räumlichen Strukturen der Hausarztversorgung aufbereitet. Parallel zielt eine schriftliche Befragung darauf, von den Praxisinhabern zu erfahren, wie sie die aktuelle Situation beurteilen und wo gegebenenfalls Verbesserungsbedarf besteht (z.B. Kooperation, Entlastung von administrativen Aufgaben, flexible Arbeitszeitmodelle, Nachfolgersuche).
Anschließend werden die daraus resultierenden Ergebnisse in Einzelgesprächen und in Zukunftswerkstätten vertieft. Die Zukunftswerkstätten werden in den vier noch abzugrenzenden Teilräumen der Region durchgeführt, für die im Rahmen der Analyse ein besonderer Handlungsbedarf erkannt wurde.
Die Zukunftswerkstätten sind als Abfolge von mehreren Einzelveranstaltungen angelegt, so dass die Hausärzte gemeinsam mit Lokalpolitikern, Vertretern der Krankenkassen, der KV und von Gesundheitseinrichtungen nicht nur Probleme diskutieren, sondern vor allem auch Ideen sammeln und daraus resultierende Konzepte entwickeln. Dies verbindet sich mit der Erwartung, dass sich aus den Zukunftswerkstätten eine entsprechende umsetzungsorientierte Weiterarbeit ergibt.
Auch Anregungen aus der Bevölkerung werden gerne aufgegriffen und in den Zukunftswerkstätten diskutiert. Hierzu können Sie unter der Rubrik „Anregungen und Fragen“ ihre Meinungen und Ideen äußern.
Am 15.9.2016 traf sich die Lenkungsgruppe für das Modellprojekt zur hausärztlichen Versorgung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg zu einer ersten konstituierenden Sitzung. Diese Gruppe setzt sich wie folgt zusammen:
Das zweite Treffen der Lenkungsgruppe fand am 14.12.2016 statt.
Am 05.07.2017 fand das dritte Treffen der Lenkungsgruppe statt. Die Teilnehmer diskutierten die ersten Ergebnisse der Versorgungsanalyse und legten die Fokusräume für den weiteren Projektverlauf fest, in denen jeweils auch Zukunftswerkstätten durchgeführt werden. Diese lauten wie folgt:
Schwarzwald-Baar-Kreis:
Landkreis Tuttlingen:
Landkreis Rottweil:
Am 17.11.17 fand die 4. Sitzung der Lenkungsgruppe in Rottweil statt. Inhalte dieser waren die ersten Ergebnisse der vergangenen Zukunftswerkstätten und die bevorstehenden Arbeitsaufträge für die Vertiefungsphase.
Am 04.05.18 fand die 5. Sitzung der Lenkungsgruppe im Landkreis Tuttlingen statt. Inhalte dieser war die Vorstellung und Diskussion der Zwischenergebnisse aus der Vertiefungsphase, sowie die Vorbereitung der anstehenden zweiten Zukunftswerkstätten.
Am 20.07.2018 fand die letzte Lenkungsgruppensitzung im Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis statt. Vorgestellt und diskutiert wurden die Ergebnisse der zweiten Zukunftswerkstätten in den Fokusregionen.
Am 25. und 26. Juli 2017 fanden in den drei Landkreisen die Auftaktveranstaltung im Modellprojekt zur ambulanten Versorgung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg statt.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltungen wurden von Herrn Bernhard Faller, Leiter des Forschungsinstituts Quaestio und Frau Linda Barthen/ Frau Dr. Lisa Ulrich, Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt, erste Ergebnisse aus Analysen und Befragungen vorgestellt und ein Überblick über das Projekt gegeben. Des Weiteren stellte Herr Dr. jur. Peter Hinz von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg aktuelle Förderprogramme vor. Im Rahmen dieser Projekte unterstützt die Kassenärztliche Vereinigung in ausgewiesenen Fördergebieten die Niederlassung freiberuflicher Ärzte sowie die Tätigkeit angestellter Ärzte in diesen Praxen und Kooperationen bzw. Nebenbetriebsstätten.
Die Präsentationen von Herrn Bernhard Faller (Quaestio - Forschung & Beratung) und Frau Linda Barthen/Frau Dr. Lisa Ulrich (Institut für Allgemeinmedizin Frankfurt) finden Sie hier.
Die Präsentation von Herrn Dr. jur. Peter Hinz (Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg) finden Sie hier.
Die ersten Zukunftswerkstätten fanden im Oktober und November diesen Jahres statt.
In den Workshops ging es primär um den Abgleich der individuellen Perspektiven auf dem Weg zu kooperativen Handlungsansätzen, sowie das Entwickeln erster konzeptioneller Ideen, Sammeln offener Fragen und Thematisieren von Umsetzungsvoraussetzungen. Eingeladen wurden jeweils die Bürgermeister der jeweiligen Raumschaft, niedergelassene Haus- und Fachärzte der Region, Ärzte in Weiterbildung, Krankenkassen, Kliniken und die Kassenärztliche Vereinigung. Dem Forschungsinstitut Quaestio und der Universität Frankfurt wurden dabei Arbeitsaufträge bis zur zweiten Zukunftswerkstatt im Frühjahr nächsten Jahres erteilt.
Konkrete Ergebnisse können in den Protokollen nachgelesen werden:
Schwarzwald-Baar-Kreis:
Landkreis Tuttlingen:
Landkreis Rottweil:
Die zweiten Zukunftswerkstätten in den Regionen fanden im Mai und Juni 2018 statt.
Die zentrale Aufgabe der zweiten Werkstätten bestand darin, auszuloten, welche konkreten Lösungsvorschläge zur der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und insbesondere Nachwuchsgewinnung die besten Umsetzungschancen haben. Ferner wurden anschließend einzuleitenden Umsetzungsschritte und die damit einhergehenden Verantwortlichkeiten / Aufgaben abgestimmt.
Eingeladen wurden jeweils die Bürgermeister der jeweiligen Raumschaft, niedergelassene Haus- und Fachärzte der Region, Krankenkassen, Kliniken und die Kassenärztliche Vereinigung.
Schwarzwald-Baar-Kreis:
Zukunftswerkstatt für den Fokusraum Furtwangen am 14.05.2018
Zukunftswerkstatt für den Fokusraum Donaueschingen am 16.05.2018
Landkreis Tuttlingen:
Zukunftswerkstatt für den Fokusraum Tuttlingen am 15.05.2018
Landkreis Rottweil:
Zukunftswerkstatt für den Fokusraum Rottweil am 13.06.2018
Modellprojekt zeigt Lösungsansätze, um ärztliche Versorgung zu sichern
(Schwarzwald-Baar-Heuberg) Wie kann dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegengewirkt werden? Die Landkreise Schwarzwald-Baar-Kreis, Tuttlingen und Rottweil haben dazu ein Modellprojekt durchgeführt. Ziel war es, zu erfahren, wie die Herausforderung angepackt werden kann. Zudem wurde die kleinräumige Planung betrachtet, mit welcher der Bedarf an Ärzten im Kreis am besten zu decken wäre.
Fest steht, auch wenn das Modellprojekt nach zweijähriger Laufzeit nun beendet ist, die Ergebnisse müssen nun weitergetragen werden. In der Pflicht sind die Kassenärztliche Vereinigung, die Städte und Gemeinden aber auch die Ärztinnen und Ärzte. Die Landkreise sehen sich in der Rolle, die Akteure weiterhin zu unterstützen. Lösungsansätze sieht das Modellprojekt darin, attraktive Arbeitsmodelle für den ärztlichen Nachwuchs zu schaffen, indem lokale Gesundheitszentren aufgebaut werden. Weiter könnten Verbünde für Weiterbildungen zwischen den niedergelassen Ärzten und Kliniken gegründet werden.
Vorschlag: Bedarf an Ärzten an anderen Planungsräumen ausrichten
Eines der Probleme zur ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum wurde in dem Modellprojekt darin ausgemacht, dass sich ein Arzt nicht dort niederlassen kann, wo dieser dies gerne möchte. Die Kassenärztliche Vereinigung prüft die Zulassung in einem Verfahren, welches sich an der Bedarfsplanung ausrichtet. Schwierig für den Schwarzwald-Baar-Kreis wird dies deshalb, weil die Kassenärztliche Vereinigung den Landkreis für diese Berechnung in zwei Bereiche aufteilt. Dadurch entsteht ein Bild, welches die Realität der Versorgung durch Ärzte vor allem in den Schwarzwaldgemeinden nicht abbildet. Während die Ärzteversorgung im Oberzentrum Villingen-Schwenningen sehr gut ist, hat ein Arzt in den Schwarzwaldgemeinden wie Triberg, Schonach und Schönwald sowie Furtwangen und Vöhrenbach 50 Prozent mehr an Patienten zu versorgen. Dieses Ungleichgewicht, so das Ergebnis des Modellprojektes, sollte seitens der Kassenärztlichen Vereinigung durch eine kleinräumigere Betrachtung wieder ausgeglichen werden. Wichtiges Ergebnis aus dem Modellprojekt war der Vorschlag zur kleinräumigen Bedarfsplanung, der im Schwarzwald-Baar-Kreis erarbeitet wurde.
Erkenntnis: Junge Ärzte wollen moderne Arbeitsbedingungen
Wissenschaftlich begleitet wurde das Modellprojekt durch das Forschungs- und Beratungsinstitut Quaestio und das Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt. Die Institute haben festgestellt, dass junge Ärzte vor allem moderne Arbeitsbedingungen suchen, die sie meist in Gemeinschaftspraxen, lokalen Gesundheitszentren oder ärztlichen Kooperationsmodellen finden. Diese Modelle sind für Nachwuchsmediziner vor allem deshalb attraktiv, weil hier die Arbeitszeiten flexibler sind, Teamarbeit und eine Entlastung bei Verwaltungsaufgaben geboten werden können. Um die Patienten in der Fläche zu versorgen, können bei diesem Modell Standorte und Zweigstellen eingerichtet, Hausbesuche durch nicht-ärztliche Teammitglieder durchgeführt oder Patientenbusse bereitgestellt werden.
Tatsächlich werden jedoch in der Modellregion Schwarzwald-Baar-Heuberg 91 Prozent der Hausarztpraxen als Einzel- oder Doppelpraxen geführt. Hier lautet die Empfehlung, die Ärzte darin zu unterstützen, lokale Gesundheitszentren zu bilden, um für den Nachwuchs attraktiv zu sein.
Ergebnisse des Modellprojekts
Das Modellprojekt hatte zum einen ein Eckpunktekonzept zur Nachwuchsförderung im Landkreis Tuttlingen zum Ergebnis. Weiter ist geplant, eine Servicestelle für Ärzte im Weiterbildung zu gründen. Zudem ist ein Verbund zur Weiterbildung der Ärzte in Planung, an dem sich das Klinikum Tuttlingen beteiligt. Hier sollen die Ärzte frühzeitig eingebunden werden. Wichtig war vor allem, dass das Thema „Sicherung der medizinischen Versorgung“ bei Städten, Gemeinden und Landkreisen bekannt gemacht wurde. Es wurden Handlungsansätze für Städte und Gemeinden erarbeitet.
Die Landkreise zum Modellprojekt
Landrat Stefan Bär, Landkreis Tuttlingen: „Die ärztliche Versorgung ist das TOP-Thema in den Städten und Gemeinden, neben dem Breitbandausbau.“ Primär, so Landrat Bär, seien es jedoch auch die Städte und Gemeinde, die in diesem Thema gefordert seien. Sicherlich würden sie dabei die Unterstützung der Landkreise erfahren. Als ein erfolgreiches Modell, durch welches bereits junge Ärzte gewonnen werden konnte, nannte Landrat Stefan Bär die Tuttlinger DonauDocs. Hier gibt es bei der Stadt Tuttlingen eine Geschäftsstelle, die sich um die Anliegen der angehenden Ärzte kümmere. Zudem sei derzeit die „Telemedizin“ in Tuttlingen als Pilot in der Projektphase.
Landrat Dr. Wolf-Rüdiger Michel, Landkreis Rottweil betonte die Zuständigkeiten beim Thema Ärzteversorgung: „Wir müssen diejenigen, die bei diesem Thema zunächst in der Verantwortung sind auch dort belassen. Das heißt konkret, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Ärzteversorgung im ländlichen Raum bewerkstelligen muss. Schafft sie das nicht, stellt sich die Frage, ob diese Einrichtung noch Bestand haben kann.“ Richtig sei, dass die Versorgungsbezirke kleinräumiger geplant werden sollten. In Landkreis Rottweil seien bereits zahlreiche Gesundheitszentren umgesetzt worden.
Landrat Sven Hinterseh, Schwarzwald-Baar-Kreis fasstezusammen: „Der Prozess des Modellprojektes hatte einen großen Wert, obwohl wir für das Thema „Ärztliche Versorgung“ nicht zuständig sind. Es ist dabei gelungen, dass alle Akteure sich an einem Tisch austauschen konnten und sich weitere Veranstaltungen anschließen.“ Er begrüße es ausdrücklich, den Bedarf an Ärzten kleinräumiger zu planen.
Modellprojekt unterstützt durch Land Baden-Württemberg
Das Modellprojekt zur ambulanten Versorgung wurde durch das Land Baden-Württemberg mit 255.000 Euro finanziell unterstützt. „Viele Regionen in Baden-Württemberg werden in der Zukunft ähnlich wie die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg mit Herausforderungen wie dem Ärztemangel konfrontiert werden. Mit dem Modellprojekt zur ambulanten Versorgung wurden hier sehr gelungene und konkret nutzbare Handlungsempfehlungen für Kommunen erstellt, wie diese die Gesundheitsversorgung vor Ort sichern können“, sagte Dr. Monika Vierheilig, Ministerialdirigentin beim Ministerium für Soziales und Integration.
„Ähnlich wie ein weiteres Modellprojekt in der Region Südwürttemberg (Biberach, Ravensburg, Reutlingen) wegweisende Erkenntnisse für die sektorenübergreifende Versorgung lieferte, erzeugte das Modellprojekt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg wertvolles Handlungswissen über die ambulante Versorgung“, so Dr. Monika Vierheilig. Beide hochspannenden Projekte fänden bundesweit große Beachtung, und deren Ergebnisse könnten gegebenenfalls auf das gesamte Land ausstrahlen.
INFO:
Im Rahmen des Modellprojekts zur Sicherung der ärztlichen Versorgung waren die Landkreise der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg im Dialog mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern, den Städten und Gemeinden sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Der Abschluss des Modellprojekts bedeutet für die Kommunen und ihre Partner nicht das Ende der gemeinsamen Arbeit, sondern markiert den Beginn der nächsten Arbeitsphase: Die im Rahmen des Projekts gegründeten Arbeitsgruppen werden nun die Initiative übernehmen und die angestoßenen Prozesse weiter vorantreiben.
Das Projekt wurde durch das Ministerium für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg gefördert und in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, sowie den Krankenkassen durchgeführt.